Veredlungszucht mit Arabern

Der politische und wirtschaftliche Umbruch nach dem Zweiten Weltkrieg stellte die Pferdezucht vor gänzlich neue Aufgaben. Einerseits wurde wegen der nun stürmisch einsetzenden Mechanisierung der Landwirtschaft, vor allem durch den Einsatz des Traktors, von Jahr zu Jahr weniger Arbeitspferde gebraucht, andererseits verlangten die dem Pferd noch verbliebene Einsatzmöglichkeiten ein nur noch mittelschweres Zugpferd.


Bis in die Sechzigerjahre sicherte der technische Stand der Traktoren, Mähdrescher und Feldbearbeitungsgeräte den Arbeitspferden noch Einsatzmöglichkeiten, so lange, wie sie den Landmaschinen in der Arbeitsleistung noch ebenbürtig sein konnten. Die sich dann schnell steigernde Überlegenheit der Maschinen in allen landwirtschaftlichen Bereichen ließ dann eben so schnell die Bestände des Schweren Warmbluts zusammenbrechen.

 


Von einem Tag zum anderen wurden mit Anschaffung eines Traktors die Pferde überflüssig und der größte Teil der Betriebe verkaufte die Arbeitspferde an Schlachter. Um 1964 brach damit auch die Zucht zusammen. Die Bedeckungsziffern erreichten nur noch 10% der Zahlen, die zwanzig Jahre zuvor erreicht wurden.
 
Diese Entwicklung betraf in den 50iger und 60iger Jahren alle deutschen Pferdezuchten gleichermaßen. In allen Zuchtgebieten sank die Zahl der Zucht- und Arbeitspferde unaufhaltsam auf ein nicht für möglich gehaltenes niedriges Niveau. In dieser Zeit erhielt das Pferd seine Bedeutung aus der sprunghaft zunehmenden Ausweitung des Reitsports zum Breitensport.

 

Auch in Ostfriesland wurde diese Tendenz von der Zuchtleitung registriert und man erhielt ab 1948 ein leichteres Wirtschaftspferd mit verbesserter Reiteigenschaft durch den Einsatz von zwei Araberhengsten. Dem Vollblutaraber wurde der Vorzug vor dem Englischen Vollblüter gegeben, weil er in seinem Körperumriss dem Ostfriesen entsprach und über hervorragende charakterliche Eigenschaften verfügte.


Zwar brachte das bis Ende der 60iger Jahre immer wieder zugeführte Araberblut keine großartigen Reitpferdepoints, trug aber entscheidend zu Härte, Leistungsfähigkeit und Trockenheit bei. Denn im Beginn der Einkreuzungsperiode stand das Wirtschaftspferd immer noch im Vordergrund.


Erst ab 1957 erhielten die veredelten Friesen-Araber das Übergewicht, bei gleichzeitig sinkender Gesamthengstzahl.
 
Anfangs fanden die Züchter keinen Gefallen an den kleinen, leichten Araberhengsten. Bis 1955 wurden nur 5% aller Stuten von Arabern bzw. Friesen-Arabern gedeckt. Erst als sich die gute Reiteigenschaft, der hervorragende Charakter und die enorme Leistungsbereitschaft im Zug gezeigt hatten, stiegen die Bedeckungszahlen der veredelten Hengste. Im ländlichen Reitsport waren die Friesen-Araber ernstzunehmende Konkurrenten. Das durch die Einkreuzung Anfang der 60iger Jahre entstandene vielseitig einsetzbare Schwere Warmblut war aber schon Ende der 60iger Jahre überholt, da der Reitsport nur noch leichte, elegante und großrahmige Reitpferde nachfragte.


Um auf die Leistungsanforderungen des modernen Reitsports zu reagieren, fehlte ab 1964 ein weiterführendes Zuchtprogramm und die Züchter im Ostfriesischen Stutbuch brachten auch keine Initiative zustande, um eigenständig unter den deutschen Pferdezuchtverbänden auf dem Markt für Reitpferde existieren zu können. Es fehlten Überlegungen, welche Zuchtwege bei Einkreuzung von Arabern zu beschreiten seien, um einige Mängel der Kreuzungsprodukte, die den Einsatz in Dressur- und Springsport limitierten, zu beheben.

 

Das Fehlen eines Zuchtprogramms, das den Einsatz von Englischen Vollblütern zwingend notwendig gemacht hätte, und die rapide schrumpfende Züchter- und Pferdezahl, ließ den Anschluss der verbliebenen Züchter an einen Zuchtverband, der bereits erfolgreich Reitpferde züchtete, als unumgänglich erscheinen.


Die nur noch als Schlachtpferde abzusetzenden Schweren Warmblüter und das verlorene Absatzgebiet in Ost- und Mitteldeutschland ließen die am Umsatz orientierten bäuerlichen Züchter nach jedem Stutfohlen greifen. Die mögliche Alternative lag nach dem Schrumpfungsprozeß nur bei dem Anschluss an Oldenburg oder Hannover. An einer eigenständigen Erhaltungszucht dachte seinerzeit sowieso niemand.